Eine der größten Herausforderungen für Freelancer ist die Ermittlung ihres Stundensatzes zu Beginn ihrer Selbstständigkeit. Auch, wenn die Abrechnung mit den Kund:innen schlussendlich nicht unbedingt pro Stunde, sondern beispielsweise auf Projektbasis erfolgt, liegt der Kalkulation immer ein Stundensatz zugrunde. Dieser Wert lässt sich allerdings nicht mit dem Stundenlohn von Angestellten vergleichen, weshalb sich viele Freelancer in der Ermittlung schwertun. Wir möchten heute einige Tipps geben, wie die Ermittlung des Stundensatzes erfolgt und welche Faktoren dabei beachtet werden müssen.
Warum unterscheidet sich der Stundensatz von Freelancern vom Stundenlohn von Angestellten?
Sowohl Unternehmen als auch Freelancer orientieren sich für die Kostenkalkulation oft am Gehalt von Angestellten in der gleichen Branche und in ähnlicher Position. Es gibt jedoch gleich mehrere Gründe, aus denen dieser Vergleich nur bedingt sinnvoll ist. Während Angestellte für ihre Arbeit nach einem festen Monatsgehalt bezahlt werden, das auch unproduktive Zeiten einkalkuliert, müssen Freelancer sowohl bezahlte als auch unbezahlte Arbeitszeit in ihre Berechnungen einkalkulieren. Auch die Versicherungsbeiträge, die im Angestelltenverhältnis zur Hälfte vom Arbeitgeber getragen werden, müssen Selbstständige zum Beispiel vollständig tragen. Es gibt also zahlreiche Kostenpunkte, die Freelancer als Unternehmer:innen berücksichtigen müssen, die Angestellte nicht betreffen – deshalb unterscheidet sich auch die Herangehensweise an die Ermittlung des Stundensatzes.
Wie können Freelancer ihren Stundensatz berechnen?
In der Theorie ist die Stundensatzkalkulation unkompliziert und besteht nur aus zwei Schritten: Zuerst gilt es, die produktive Arbeitszeit zu ermitteln und im Anschluss die regelmäßigen Kosten zu berechnen. Aus den beiden Werten kann schließlich der Stundensatz ermittelt werden: Kosten / Arbeitszeit = Stundensatz. In der Praxis kann die konkrete Ermittlung der eigenen Kosten und der möglichen Arbeitszeit jedoch zur echten Herausforderung werden. Welche Punkte müssen in den Kosten berücksichtigt werden und wie viel kann man wirklich arbeiten? Hier kann der Austausch mit anderen Selbstständigen in ähnlichen Positionen helfen. So kommen häufig auch Positionen ins Spiel, die im ersten Moment nicht offensichtlich sind wie zum Beispiel Zeit für Weiterbildungen, für Leerlauf zwischen Projekten oder einfach für unproduktive Tage – schließlich können Sie nicht jeden Tag Ihre Bestleistung abrufen. Die Kosten hängen stark von der Art der Selbstständigkeit ab: Während Sie in beratender Tätigkeit oft mit Kosten für einen Laptop, die nötige Software und möglicherweise ein Büro hinkommen, müssen Sie in anderen Bereichen deutlich mehr Arbeitsmittel einkalkulieren.
Diese Faktoren sollten in der Stundensatzkalkulation berücksichtigt werden – ein Überblick:
Ermittlung der Arbeitszeit:
- Urlaub und freie Tage
- Krankheitstage
- Unproduktivität
- Akquisezeit
- Organisatorische Aufgaben & Buchhaltung
- Weiterbildung
Ermittlung der Kosten:
- Büro/Miete
- Lizenzen für Software oder ähnliches
- Versicherungen & Steuern
- Arbeitsmittel
- Private Lebenshaltungskosten
Wurden all diese Faktoren für die Stundensatzkalkulation berücksichtigt, ist das Ergebnis der Rechnung der mindestens notwendige Stundensatz, um keinen Verlust zu machen und über die Runden zu kommen. Als Unternehmer:innen sollten Freelancer jedoch auch das Ziel verfolgen, Gewinn zu machen. Dadurch können zum Beispiel Rücklagen gebildet werden – etwa für die Altersvorsorge oder einen langersehnten Urlaub. Expert:innen empfehlen, zusätzlich zum berechneten Stundensatz einen Gewinnaufschlag von etwa 10 Prozent einzukalkulieren.
Eine Beispielrechnung: Stundensatz berechnen
Die Ermittlung der Arbeitszeit:
- 365 Tage/Jahr
- 104 Tage fallen auf Wochenenden
- 11 Tage entfallen durch Feiertage
- 30 Tage entfallen für Urlaub
- 18 Krankheitstage (Durchschnitt in Deutschland)
--> Ergibt 202 Arbeitstage/Jahr
Davon können etwa zwei Drittel der Zeit als abrechenbare Arbeitsstunden kalkuliert werden. Die restliche Zeit entfällt auf organisatorische Arbeit, Kundenkommunikation, Akquise, etc.
Ermittlung des Stundensatzes bei einem Arbeitstag mit 8 Stunden
- Betriebskosten netto + private Kosten brutto (beispielhaft): 6.000 Euro
- Abrechenbare Stunden pro Monat anhand des Beispiels oben: 90
- 6.000 / 90 ergibt einen Stundensatz von 66,67 Euro netto
- Gewinnaufschlag von 10%
--> Ergibt 73,34 Euro pro Stunde zuzüglich Umsatzsteuer
Tipps für die Ermittlung eines passenden Stundensatzes
Branchenübliche Bezahlung prüfen
Ein guter Anhaltspunkt für die Ermittlung des eigenen Stundensatzes als Selbstständige:r ist der Vergleich mit der Konkurrenz. Oft gibt es Übersichten über die gängigen Stundensätze in den unterschiedlichen Branchen, zum Teil können Stundensätze aber auch über Plattformen für Freelancer eingesehen werden. Gerade unter Freelancern herrscht zudem oft der Grundsatz „miteinander statt gegeneinander“. In Netzwerkevents oder zum Beispiel über Gruppen in den sozialen Medien findet oft ein Austausch untereinander statt – auch über die Stundensatzkalkulation.
Mutig sein – Gewinn einkalkulieren
Stundensätze von 80 – 120 Euro scheinen für viele Menschen auf den ersten Blick hoch – besonders im Vergleich mit dem Stundenlohn eines:r Angestellten in ähnlicher Position. In Preisverhandlungen mit Kund:innen benötigen Selbstständige jedoch vor allem eines: Selbstvertrauen. Es gehört sicherlich auch eine Portion Mut dazu, den eigenen Stundensatz an potenzielle Kunden und Kundinnen zu verkaufen. Auf der anderen Seite ist es als Selbstständige:r – ob als Gewerbetreibende:r oder Freiberufler:in – unerlässlich, unternehmerisch zu denken. Gewinn gehört zur Selbstständigkeit dazu und diesen können Sie nur erwirtschaften, wenn Sie einen entsprechenden Stundensatz kalkulieren. Vertrauen Sie auf Ihre Qualifikationen und haben Sie keine Angst vor Zurückweisung durch einen zu hohen Preis.
Alleinstellungsmerkmal herausarbeiten
Besonders hilfreich für Preisverhandlungen sind Argumente, die Sie von anderen Freelancern in Ihrer Branche abheben. Eine der wichtigsten Aufgaben zu Beginn der Selbstständigkeit ist die Definition des eigenen USPs – des Alleinstellungsmerkmals. Das kann eine besondere Weiterbildung sein, die langjährige Berufserfahrung auf Seiten der Auftraggeber:innen oder auch der Einsatz einer speziellen Software, die nur wenige anwenden können. Diese Alleinstellungsmerkmale sind schlussendlich Ihre Argumente für Ihre Stundensatzkalkulation.
Der Stundensatz ist nicht in Stein gemeißelt
Gerade zu Beginn kann es auch einmal zu Fehlkalkulationen beim Stundensatz oder beim Projektaufwand kommen. Manchmal ist es auch nötig, zumindest etwas flexibel mit dem eigenen Stundensatz zu sein: Zum Beispiel für Kund:innen, die sehr umfangreiche Projekte in Auftrag geben oder eine bestimmte Stundenanzahl pro Monat vertraglich zusichern möchten, kann ein Rabatt durchaus sinnvoll sein, um den guten Willen zu zeigen. Hauptsache ist, dass Sie Ihre Einnahmen und Ausgaben immer im Blick haben und so schnell wie möglich schwarze Zahlen schreiben.
Stundensatz ermitteln für Freelancer: Hilfe von Profis annehmen
Als Selbstständige:r den Stundensatz zu ermitteln ist eine Herausforderung, der sich alle Gründer:innen stellen müssen. Bedenken Sie dabei aber jederzeit, dass Sie mit Ihren Sorgen nicht alleine sind. Der Austausch mit anderen Freelancern ist in solchen Fällen und auch für die weiteren Herausforderungen eine gute Möglichkeit, mehr Sicherheit zu erleben. Aber auch die Zusammenarbeit mit weiteren Dienstleistern kann viele Sorgen schnell in Luft auflösen. Bei ambass begleiten wir Freelancer nicht nur in den Anfängen ihrer Selbstständigkeit und unterstützen zum Beispiel bei der Ermittlung des Stundensatzes, sondern bringen sie auch mit passenden Auftraggeber:innen zusammen. Wir kennen den Bedarf zahlreicher Unternehmen aus der Bau- und IT-Branche und nutzen unser Netzwerk, um die Auftragsakquise von Ihrer To-Do-Liste zu streichen. Denken Sie auch darüber nach, sich selbstständig zu machen oder sind auf der Suche nach einem Partner für die Auftragsakquise? Dann nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf oder reichen Sie direkt Ihren Lebenslauf bei uns ein. Wir freuen uns darauf, Sie kennenzulernen!